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1. Mai 2011, 16:14 CD / Vinyl Music

A-Sicht! B-Sicht! Männer am Meer lassen die Wahl

Patrick Holenstein - Seit ihrer Single, Rägetage, ist die Combo aus Bern auf dem Parkett des heimischen Musikschaffens ein Begriff. Das aktuelle Werk wird die charmante Truppe mit den rumpligen Sounds und dem Schalk von Mani Matter in der Seele sicherlich wieder einen Schritt nach vorn bringen.

Mit Absicht heisst der neue Rundling der Männer am Meer aka MAM. Einen titelgebenden Track sucht man auf der Scheibe jedoch vergebens. Was bedeutet der Name? Mit Absicht spielen? Aber ist das nicht bei allen Bands so? „War ein Versehen ... falsche Bühne ... sorry ... kommt nie mehr vor.“ Neinnein, MAM wissen schon, wann sie wo auf der Bühne zu stehen haben. Wer allerdings die neue Scheibe in der Hand hält, erkennt schnell, was mit dem Titel Mit Absicht gemeint sein dürfte. A- und B-Sicht. Dem Booklet liegen nämlich zwei Folien bei. Eine blaue und eine rote. Legt man die rote Folie über die wild mit blauen und roten Buchstaben übersäten Seiten, fügen sich die blauen plötzlich zu Texten, die sich problemlos lesen lassen. Legt man die blaue Folie auf die Seiten, kristallisieren sich Zusatzinformationen aus der farbigen Buchstabenflut. Schöne Idee, passt zu den verspielten Klängen, die MAM auf CD gebannt haben.

Die Band bezeichnet sich selbst als „musikalische Zigeuner, immer unterwegs mit einer brennenden Seele“. Wenn der letzte Akkord von Zwei verloreni Seele die CD abschliesst, macht diese Selbstreflexion absolut Sinn. Die Leidenschaft, das Brennen der Seele, schwingt in allen Texten mit. Etwa in der lebensinhaltlichen Resignation und dem daraus resultierenden Fernweh, die in Liebefeld besungen werden oder durch die gnadenlos hedonistischen Ausbrüche in Schoggistadt, aber auch über die anfänglich süsse Liebeserklärung an eine Martina, von der Phenomenal erzählt und die dann doch als promiske Seifenblase platzt. Das sind Beispiele für die spitzzüngige Leichtigkeit der Männer am Meer, wenn sie mit Texten hantieren. Mal frech, mal treffend beobachtet und sarkastisch analysiert, aber immer mir Anstand. Gelegentlich fühlt man sich gar an die Wortakrobatik eines Mani Matter erinnert. Die Texte sind bei MAM ein wichtiger Teil, aber auch die Instrumentalisierung der feinen Geschichten aus dem Leben kann sich sehen lassen. Mal sind es treibende Beats, die Assoziationen zu Seeed wecken (Schoggistadt), dann wieder britpoppige Sounds (Afa isch no easy) oder aufgeregtes und eingängiges Akustik-Gitarren-Gezirpe (Böötli).

Das vielleicht schönste Stück in der jüngeren Mundart-Geschichte liefern MAM mit I bi uf d Wäut cho. Der feinfühlige Text über das Erwachsenwerden und die kleinen Momente in Fantasieoasen, die man sich erhalten soll, umschifft geschickt das Früher-war-alles-besser-Klischee und genau das ist die Stärke des Songs. Zu subtilen, fein arrangierten Rhythmen werden die Zuhörer in eine Welt geholt, die manche aus eigener Erfahrung kennen. Das Zusammenspiel aus Text und Musik ist hier perfekt. Das schmälert aber nicht die Tatsache, dass den Männern am Meer ein starkes Album gelungen ist. Kein Song plätschert belanglos daher, jedes Stück hat Hand und Fuss, einige hängen schon beim ersten Hören fest und andere entwickeln ihren Zauber erst mit der Zeit. Die dritte Scheibe könnte für MAM den endgültigen Durchbruch bedeuten – bestimmt Mit Absicht.

Am 2. Juni spielen Männer am Meer im Moods. Hier geht es zur Students-Vorschau.

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