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6. Juni 2011, 09:20 Kultur

Aus einem Totenhaus @ Opernhaus Zürich

Christina Ruloff - Von Gangstern, die auch nur Menschen sind. Peter Konwitschny inszeniert „Aus einem Totenhaus“ von Leoš Janáček neu und gewinnt dieser Oper neue Facetten ab – nicht alles an dieser Interpretation ist gelungen, das macht die Sache aber nur spannender, weil man näher an Janáčeks Intentionen herankommt.

Das beginnt damit, dass die Oper nicht mehr in einem Straflager in Sibirien spielt, sondern im Hier und Jetzt im 44. Stock eines Hochhauses. Hinter der gepflegten Fassade von stilvoller Einrichtung und Massanzügen verbirgt sich jedoch auch hier nur die nackte Brutalität. Ein Mafiaboss tyrannisiert seine Umwelt, verbreitet Angst und züchtet Unterwürfigkeit und Gleichgültigkeit. Die Gesellschaft prügelt und betrinkt sich gleichermassen. Ein neues Opfer wird ausgesucht und zum Spass misshandelt. Dass dieser junge Mann ein politischer Gefangener ist und möglicherweise deshalb einen besonders schlechten Stand in dieser Gesellschaft hat, erfährt man zwar aus dem Gesang (und der ziemlich vulgären Übertitelung) – Sinn macht das aber nicht.

Und das ist das zentrale Problem dieser Neu-Interpretation. Peter Konwitschny ringt dieser schwierigen, handlungsarmen und abrupten Oper neue Facetten ab, indem er zeigt, dass unser aller Leben auch nur ein Gefängnis ist. Die Verallgemeinerung der Gedanken Dostojewskis (auf dessen Prosa das Libretto basiert) ist sicherlich sinnvoll, jedoch passt sie in dieser Art ganz und gar nicht zur Oper. Das ist bei modernen Adaptionen von Opern aus dem 19. Jahrhundert ja häufiger der Fall; stossend ist es hier aber, weil ein Abgrund zwischen Musik und Handlung auf der Bühne entsteht. Beides wäre eine Oper für sich wert, zusammen passt es aber nicht.

Dessen ungeachtet macht "Aus einem Totenhaus Spass" – das Orchester unter der Leitung von Ingo Metzmacher ist grandios, vor allem die Ouvertüre reisst in ihrer Vielschichtigkeit mit. Die Sänger – allen voran Peter Straka, der sich nach seiner Luisa sehnt und Reinaldo Macias, der einem den abstrakten Mord so nahe bringt – sind hervorragend. Man hört und schaut ihnen allen einfach gerne zu. Und man würde sich freuen, mehr von Leoš Janáček zu hören!

Foto Copyright: Suzanne Schwiertz

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