Take Shelter @ Zurich Film Festival
Gregor Schenker - Take Shelter hat die Ehre, die erste öffentliche Vorführung des diesjährigen Zurich Film Festivals zu sein. Da wünschte man sich, er hätte etwas mehr Saft und Kraft.
Trotzdem wird Curtis von schlimmen Albträumen gequält: Er sieht einen gigantischen Sturm und fühlt sich von gewalttätigen Tieren und Menschen angegriffen. Schliesslich kommen Halluzinationen am helllichten Tag hinzu. Er hat Angst, wie seine Mutter an einer psychischen Krankheit zu leiden, kann es aber nicht lassen, den Tornado-Schutzkeller im Garten auszubauen. Der Keller entwickelt sich bald zu einer Obsession, die alles gefährdet, was Curtis im Leben erreicht hat.
Die Darstellerriege, die sich der amerikanische Jungfilmer Jeff Nichols für seinen zweiten Film zusammengestellt hat, ist ganz grosse Klasse. Michael Shannon, der in vielen Hollywood-Produktionen wie Pearl Harbor, Vanilla Sky oder Jonah Hex die zweite Geige spielte, brilliert hier als Hauptdarsteller. Sein Curtis ist ein einfacher, grundanständiger Mann, den die Vorstellung rasend macht, als Ehemann und Vater zu versagen. Aber als die Träume und Wahnvorstellungen beginnen, sind es eben diese Versagensängste, die eine angemessene Reaktion blockieren. Stattdessen frisst Curtis alles in sich hinein, seine Unfähigkeit zur Kommunikation verschlimmert die Situation erst recht. Shannon fängt diesen Charakter perfekt ein, von der gepressten Stimme bis hin zur verklemmten Mimik seines kantigen Gesichtes.
Ihm zur Seite stehen die attraktive Jessica Chastain – die am Zurich Film Festival mit zweit weiteren Filmen vertreten ist (Texas Killing Fields und The Help) – in einer starken Frauenrolle, und die überraschend glaubwürdige Kinderdarstellerin Tova Stewart.
Während die Schauspieler mit vollem Einsatz überzeugen, fehlt dem Film selbst die nötige Energie für die zwei Stunden, die er dauert. Weder Shannons Leistung noch die Schockmomente in den Traumsequenzen noch die gelungenen Spezialeffekte täuschen darüber hinweg, dass sich Take Shelter zu viel Zeit dafür nimmt, den sich verschlimmernden Zustand von Curtis zu schildern. Was zunächst wie ein gelungener Spannungsaufbau erscheint, erweist sich bald als überflüssige Zeitschinderei. Etwas mehr auf den Punkt, bitte schön!
Wenn dann Nichols seinen Film mit einer halbherzigen und ziemlichen dummen Pointe auslaufen lässt, hat er seine Sympathien endgültig verspielt. Schade um Michael Shannons Anstrengungen.
Take Shelter läuft im internationalen Spielfilmwettbewerb.
Weitere Vorstellungen:
- So, 25. Sept, 17:45, Arthouse Le Paris
- Di, 27. Sept, 15:15, Arthouse Le Paris
- Fr, 30. Sept, 21:30, Arthouse Le Paris