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16. Oktober 2014, 12:22 Konzert Kultur Music

Cirque du Soleil verzaubert die Limmatstadt

Dominique Rais - Eine Melange aus frischem Popcorn, Sägespänen und Elefantenmist? Weitgefehlt. Quidam bricht mit dem stereotypisierten Bild einer Zirkusvorstellung und lädt ein auf eine Reise voller Ästhetik, Eleganz und Anmut.

„Noch einmal Kind sein...“, wie oft hört man während sentimentaler Gespräche zwischen Erwachsenen diese Worte? Zur Genüge. Die sorgenfreie Losgelöstheit und Unbefangenheit des Kind seins noch einmal zu erleben – pragmatisch gesehen unmöglich. Ein Wunschtraum wie aus dem Bilderbuch, an Utopie nicht zu überbieten. Oder doch nicht?

Nach 13 Jahren ist der weltbekannte Cirque du Soleil mit seinem Programm Quidam zurück in der Schweiz. Auch wenn Quidam zu den ältesten Shows im Repertoire des Cirque du Soleil gehört – ihren Zauber hat die Show über die Jahre hinweg keinesfalls verloren. Ganz im Gegenteil. In der heutigen, schnelllebigen Zeit scheint Quidam geradezu ein Zufluchtsort für jene zu sein, die dem Alltagstrott entfliehen wollen.

Quidam erzählt die Geschichte eines Mädchens namens Zoé, die sich nach Spass und Spannung sehnt in einer Welt in der Erwachsene zunehmend dem Alltagstrott verfallen, deren Aufmerksamkeit den Zeitungsschlagzeilen gilt und die in der Realität gefangen längst vergessen haben wie es ist zu träumen. Auf eine bizarre Art und Weise erinnern Zoés Eltern gar an von Michael Endes grauen Herren Verfolgte. Zoé bleibt schliesslich nur die Flucht in ihre ganz eigene Traumwelt, in der sie jede Menge Abenteuer erlebt und Bekanntschaft mit den verschiedensten Charakteren macht.

John, der Mann mit dem spärlichen Haar, führt einem Zirkusdirektor gleich durch die Vorstellung, doch das ist auch schon alles was er mit einem Zirkusdirektor gemeinsam hat. John mimt den hyperaktiven Witzbold und albert zeitweise so sehr auf der Bühne herum, dass er in seiner Erscheinung einem Bruce Darnell auf Ecstasy gleicht. Von Zeit zu Zeit gar so sehr, dass er zu mehr Pflichtbewusstsein und Seriosität ermahnt werden muss.

Die abenteuerliche Reise von Zoé beginnt damit, dass sie sich einen scheinbar magischen Hut aufsetzt. Der Imagination und Fantasie sind fortan keine Grenzen mehr gesetzt. Zoé macht allen voran Bekanntschaft mit Quidam. Die lebende Zielscheibe - das kann eigentlich jeder sein. Er ist der eine Mensch, der immer wieder versucht sich als Individuum darzustellen, aus der Anonymität herauszutreten und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Quidam nimmt die Zuschauer mit auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Mal ist es bunt und fröhlich, dann wieder düster und fast schon etwas beklemmend. Zoés Reise lädt nicht nur zum Träumen und Schmunzeln ein sondern auch zum Nachdenken. Währen der fast zweistündigen Vorstellung ist dafür Zeit genug.

Dem Publikum eröffnet sich eine Melange aus atemberaubender Luft- und Bodenakrobatik, Eleganz und körperlicher Selbstbeherrschung. In einem Rhönrad zu laufen oder mit dem Diabolo zu jonglieren mag zwar auf den ersten Blick einfach aussehen, doch alle die es schon einmal ausprobiert haben wissen, dass es alles andere als das ist.

Ästhetik zur Perfektion gebracht zeigt sich dem Zuschauer sowohl bei der Tuchakrobatik als auch bei der menschlichen Statue. Bei ersterer windet sich eine Frau, scheinbar mühelos in luftiger Höhe und vollbringt geradezu unmenschliche Verrenkungen, mit solch atemberaubender Eleganz, dass man ihr dabei stundenlang zusehen könnte. Körperbeherrschung in seiner reinsten Form zeigt sich bei der „Statue“. Ein Mann und eine Frau, die in Zeitlupe schier unmöglich Verrenkungen vollbringen. Die „Statue“ gleicht in ihrer Anmut einer Ode an die natürliche Schönheit des menschlichen Körpers.

Dank der grossartigen Live-Band samt Sänger ist Quidam ein Genuss für Augen und Ohren. Wer das Bedürfnis verspürt einzutauchen in eine Welt voll anmutender Eleganz und Fantasie sollte eine der Cirque du Soleil Vorstellungen, die noch bis Sonntag andauern, besuchen – denn es ist nie zu spät zu träumen.

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