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28. September 2015, 18:21 Movie Zurich Film Festival

Thank You for Bombing @ Zurich Film Festival

Claudia Maag - Drei Reporter jagen einem Krieg hinterher. Doch der will nicht beginnen. Regisseurin Barbara Eder wirft ein Schlaglicht auf den Zynismus von Kriegsreportern. Dieser Film ist nur etwas für gefestigte Mägen.

Ursprünglich wollte Regisseurin Barbara Eder einen Dokumentarfilm drehen. Ein Jahr recherchierte sie für «Thank You for Bombing» in Afghanistan. Dann habe Eder den Zynismus der Kriegsreporter erlebt. Sie sei zum Schluss gekommen: Ein Dokumentarfilm würde diese Reporter kompromittieren. So wurde ein Spielfilm daraus.

Zu Beginn hielt ich diese Aussage für übertrieben. Doch das hielt nicht lange an. Falls ich als junge Journalistin noch irgendwelche Illusionen über Kriegsberichterstattung hatte, dann sind sie nach diesem Film in so viele Stücke zersplittert, als wäre das Geschoss einer Drohne eingeschlagen.
Kriegsreporter setzen sich diesen Gefahren aus, damit wir hier in unserer heilen Weilt hinschauen können und müssen, was in Kabul, Afghanistan, passiert? Sie leisten einen Beitrag, dass die Wahrheit – was auch immer das im Krieg sein mag – ans Licht kommt? Damit die Geschichten der Opfer erzählt werden? Weit gefehlt.

Wir folgen drei Handlungssträngen von je einem Reporter. Insbesondere die beiden jungen, Lana und Cal –, möchte ich mal kräftig durchschütteln. Sie sind getrieben von Geltungssucht und Karrieregeilheit. Kein Krieg bedeutet für sie schlechte Quoten.
Generell kann man über das Verhalten dieser Reporter nur sagen: Faszination und Abscheu streiten sich in meinem Inneren konstant um die Vorherrschaft.

Ewalds (Erwin Steinhauer, Polt muss weinen) Bilder von Krieg und Terror, die früher oft auf den TV-Bildschirmen Österreichs flimmerten, sind vergessen. Unerwartet erhält er den Auftrag, nach Afghanistan zu fliegen. Doch schon am Flughafen holt ihn die Vergangenheit ein. Er muss erkennen, dass mögliche Gerechtigkeit für den Mord an einem Kameramann beim Kostajnica-Massaker in Bosnien (1992) niemanden interessiert.

Cal (Raphael von Bargen, Woman in Gold) benimmt sich ziemlich post-pubertär. Er ist auf der Jagd nach Action und die findet er nicht. Er hat kein Problem, Szenen zu stellen, damit er etwas Sendenswertes filmen kann. Cal provoziert seinen Vorgesetzten so lange, bis der ihn rausschmeisst. Ich bin etwas irritiert, als ich erfahre, dass er verheiratet ist. Es passt ins Bild, dass seine Ehefrau, nachdem sie ihn x-mal vergeblich telefonisch zu erreichen versuchte, via Videocall von ihm die Scheidung verlangt.

Die hübsche US-Journalistin Lana (Manon Kahle, Land of Giants) berichtet in Kabul vom bevorstehenden Krieg. Ihre Kollegen nehmen sie nicht ernst. Bis sie alles auf eine Karte setzt. Hier ist die klare Frage im Raum: Wie weit willst du für deine Karriere gehen? Besonders als Frau? Welchen Preis bist du wirklich bereit, zu zahlen?
Die Szenen nach ihrem Interview mit zwei Soldaten sind gegen Ende kaum zu ertragen. Eder hält die Kameralinse gnadenlos drauf, bis über die Schmerzgrenze hinaus. Wenn diese Vorfälle so geschehen sind, ist das auch richtig so.

Dennoch ist der Film wegen solcher Szenen nur jenen zu empfehlen, die ohne mit der Wimper zu zucken in hässliche menschliche Abgründe blicken können. Es geht nicht darum, dass man viel Blut sehen würde; dem ist nicht so. «Thank You for Bombing» fordert auf einer psychologischen Ebene.

«Thank You for Bombing» ist fesselnd, erhellend und topaktuell. Brilliant inszeniert von Barbara Eder, die neben Regie auch für das Drehbuch verantwortlich war.

Weitere Spielzeiten:
  • Donnerstag, 1.10.15, 16.45, Arena 4

Thank You for Bombing läuft als Fokus Schweiz, Deutschland, Österreich.
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