ZFF 2015: Nachlese
Gregor Schenker - Nachdenklich machende Kriegsfilme, iranisches Kino und isländische Schafböcke: Wir halten Rückschau auf das diesjährige Zurich Film Festival – vom Roulettetisch bis zu den Goldenen Augen.
Die grosse Neuerung im Festivalzelt war ein Roulettetisch, betrieben von den Swiss Casinos. Wahrscheinlich hat sich irgendwer von der Festivalleitung gesagt, das Zurich Film Festival sei den Leuten noch viel zu sympathisch. Aber liebes ZFF: Du verkaufst Taschen für knapp 900 Franken. Champion der Herzen wirst du bestimmt nicht mehr.
Doch statt über Trailer und Roulette zu stänkern, wollen wir lieber die Filme feiern. Kriegerisch gings zu und her im Wettbewerb, zum Beispiel im Dokumentarfilm Drone oder im Spielfilm Thank You for Bombing, der unsere Kritikerin besonders beeindruckt hat. Auch Tobias Lindholms Krigen war eine meisterhafte Auseinandersetzung mit der Natur moderner Kriegsführung.
Neue Welt Sicht: Iran präsentierte uns das zeitgenössische Kino aus dem krisengeschüttelten Land. Nahid handelt vom einseitigen Scheidungsrecht, Risk of Acid Rain ist eine wunderschöne poetische Auseinandersetzung mit der Einsamkeit der älteren Generation. Ganz andere Wege geht Fish & Cat, denn es müssen ja nicht immer nur Problemfilme sein. Wie wär's stattdessen mit einem surrealen Thriller, der in einer einzigen Einstellung gedreht wurde?
Der coolste Typ des Festivals war Fedor Alexandrovich, Hauptfigur des Dokumentarfilms The Russian Woodpecker. Darin untersucht der ukrainische Künstler die Ursachen des Tschernobyl-Desasters (das er als Kind selbst miterlebt hat) und kommt dabei auf seine ureigene Verschwörungstheorie. Wirre Haare, nervöse Zuckungen, eigenwillige Gedankengänge und ein ebenso eigenwilliger Umgang mit der deutschen Sprache: „Ich will sehen die toten Land!“ – Alexandrovich war eindeutig spannender als Christoph Waltz oder Arnold Schwarzenegger.
Nun aber zu den Goldenen Augen, die den Wettbewerbsfilmen zahlreich nachgeworfen wurden.
Die Gewinner
Internationaler Spielfilm-Wettbewerb: Hrútar (Isländisch-dänische Tragikomödie über zwei Schafzüchter-Brüder.)
Internationaler Dokumentarfilm-Wettbewerb: Los reyes del pueblo que no existe (Über die letzten Familien, die in einem mexikanischen Tal die Stellung halten, nachdem es für einen Staudamm überflutet wurde.)
Fokus: Schweiz, Deutschland, Österreich: Thank You for Bombing (unsere Kritik siehe hier.)
Förderpreis: The Miracle of Tekir (Schweizerisch-rumänisches Mysterymärchen über Schlamm und Mutterschaft.)
Kritikerpreis: Pikadero (Wegen der Wirtschaftskrise in Spanien leben alle bei ihren Eltern – wohin soll man denn da für das erste Mal?)
Publikumspreis: Amateur Teens (Schweizer Teens und die Sozialen Medien.)
So, das war's. Wir sehen uns nächstes Jahr wieder.