Ich mache Musik, um Leute zusammenzubringen
Patrick Holenstein - Bastian Baker hat eben ein neues Album auf den Markt gebracht. Am Energy Stars for Free konnten wir mit ihm darüber sprechen. Ebenfalls war Claude Nobs ein Thema, wir haben über das Komponieren gesprochen und erfahren, was der Titel des Albums bedeutet.
Ein Schweizer Musiker, der international für Furore sorgt. Das ist Bastian Baker. Er war mit Shania Twain auf Tour, hat in Japan, Russland oder im Olympia in Paris gespielt. Trotzdem empfängt uns ein bodenständiger und höflicher Bastian in den Katakomben des Hallenstadions. Offen erzählt er von der Beziehung zu seinen Fans, schwärmt von Claude Nobs und erklärt sein Motto.
Du hast gerade dein neues Album herausgebracht, „Facing Canyons“. Wieso hast du es so genannt?
Der Titel ist diesen Sommer während einer Reise mit vier Kollegen entstanden. Wir waren in einem Hippie-Bus quer durch Amerika unterwegs – die «Klischee-Reise». Wir waren immer laut und haben im Auto Musik gehört. Jedes Mal, wenn wir an einem Canyon angekommen sind, hat sich die Stimmung total verändert. Jeder ist in eine andere Richtung und in sich gegangen. Ich glaube, jeder hat für sich selbst eine innerliche Reise gemacht. Bei mir war es so. Ich habe diese Canyons gesehen und mein Lebensmotto ist «immer alles relaxed und relativ zu nehmen» und wenn du so vor der Natur stehst, ist es einfach ein perfektes Bild. Canyons, die Millionen Jahre vor dir bereits da waren und auch nach dir noch weiter bestehen werden. Deshalb habe ich „Facing Canyons“ gewählt. Auch weil das Bild in hunderttausend verschiedenen Interpretationen verstanden werden kann.
Wie gehst du vor, wenn du Songs schreibst? Ist zuerst die Melodie da, oder hast du einen Text, den du vertonst?
Ich probiere, alles gleichzeitig zu machen. Es ist für mich am schönsten, wenn alles gleichzeitig passiert. Aber es ist eigentlich immer unterschiedlich. Manchmal steht die Melodie und dann schreibe ich den Text, oder umgekehrt. Ich habe keine bestimmte Regel. Es ist eine recht spontane Sache. Es sind auch ehrliche Texte, die ich schreibe. Ich brauche ein Thema, zu dem ich etwas zu sagen habe, ich kann mich nicht einfach an den Tisch setzen und dann ein Lied schreiben. Das geht bei mir nicht. Es kann gut sein, dass ich während sechs Monaten kein Lied schreibe und dafür in drei, vier Wochen fünf, sechs, sieben Lieder schreiben kann.
Hast du ein Instrument, das du beim Komponieren bevorzugst?
Meisten die Gitarre. Aber ich probiere jetzt so viel wie möglich Klavier zu spielen, denn das eröffnet mir neue Horizonte für die Kreativität beim Komponieren. „Planned it all“, der fünfte Song auf dem neuen Album, ist ein gutes Beispiel dafür. Den Song habe ich zusammen mit meinem Pianisten Simon Jaccard und Alex Hepburn komponiert. Das werde ich in Zukunft sicher öfters probieren.
Wie kam es zum Lied „2000 Years“ mit BJ Scott? Wer ist sie?
BJ Scott ist eine Sängerin aus Alabama, die heute in Belgien wohnt. Sie war mit mir zusammen Coach bei „The Voice of Belgium“. Eine schöne Begegnung. Sie hat eine wunderbare Persönlichkeit und ist ein unglaublicher Mensch. Nach den Shows haben wir oft gemeinsam gejammt. Bei «The Voice» hörst du viel Musik und du machst viel Musik. Eines Abends haben wir „2000 Years“ zusammen komponiert. Das war mega spontan. Wie immer.
Deine Stimme ist dein Kapital, wie pflegst du sie?
Ich passe schon auf, da ich weiss, dass es mein Beruf ist. Ich habe viel Respekt vor den Fans und für mich wäre es unmöglich, an einem Konzert anzukommen, ohne eine Stimme zu haben. Natürlich kann es passieren, wenn man viel singt oder eine Erkältung bekommt, aber bis jetzt hatte ich damit viel Glück. «Holz alänge», damit es so bleibt. Es ist aber auch eine Kopfsache. Im März haben wir 21 Konzerte nacheinander gespielt und ich hatte überhaupt keine Probleme mit meiner Stimme. Bei den letzten zwei, drei Konzerten, als ich wusste, dass ich nachher zwei, drei Tage Pause habe, habe ich gespürt, dass die Stimme ein bisschen an Volumen und Kraft verliert.
Aber irgendwie Teetrinken oder so machst du auch?
Ja, Ingwertee mit ein bisschen Zitrone und Honig für den Geschmack. Das hilft schon. Aber mehr war bisher nicht nötig.
Du hast viele vertraute Personen, die dich begleiten, wie hilft dir das, dich als Künstler zu entfalten?
Das ist sehr wichtig für mich, da du den Menschen um dich herum alles ehrlich sagen kannst. Zum Beispiel spiele ich mit unserem Schlagzeuger und dem Bassisten schon seit 10 Jahren zusammen. So lange kennen wir uns. Aber auch die Leute vom Label oder vom Management sind noch die gleichen, wie am Anfang. Es gibt eine Motivation, die ich nur mit ihnen erleben kann, weil sie schon seit Anfang an mit dabei sind. Schon als wir noch ganz klein waren, hat das Team zusammengehalten. Deshalb ist mir das sehr wichtig.
Merkst du die Unterstützung der Fans, welche auf mehrere deiner Konzerte gehen?
Mittlerweile kenne ich einige Fans mit Namen oder erkenne die Gesichter, vor allem die in der ersten Reihe sind oft dieselben. Die Schweiz ist ja auch nicht wirklich das grösste Land auf der Welt. Aber es ist schön und super zu wissen, dass jetzt, fünf Jahre nach Veröffentlichung des ersten Albums „Tomorrow may not be better“, die Fans immer noch da sind, um mich zu unterstützen, zu verfolgen und immer Spass an den Konzerten zu haben. Was mich daran sehr freut, ist die soziale Dimension, dass daraus Freundschaften entstanden sind und manche jetzt gemeinsam an die Konzerte reisen. Aus diesem Grund mache ich Musik, um Leute zusammenzubringen. Und das zeigt mir, dass ich dieses Ziel erreicht habe.
Gibt es einen bestimmten Fan-Moment?
Bei jedem Konzert gibt es lustige Momente mit den Fans. Wenn jemand etwas ruft und ich Antwort gebe oder ein spezielles Geschenk kommt. Das kann aber auch einfach eine Begegnung auf der Strasse sein, mit Leuten, die mich völlig unerwartet treffen. Dann plaudern wir spontan ein bisschen und machen ein Foto. Meine Fans sind herzig, mega cool und easy going. Ich habe meine Fans sehr gerne.
Du spielst aber auch im Ausland? Wie sind die Besucher dort, zum Beispiel in Japan?
Ja, natürlich gibt es Unterschiede. Es gibt sogar Unterscheide zwischen Aarau und Zürich oder sogar, wenn wir zwei Abende in Zürich hintereinander spielen. Es gibt überall Unterschiede. Superinteressant ist es für mich natürlich auch, wenn ich in einem anderen Land wie zum Beispiel in Japan bin und vor völlig fremden Menschen, einer fremden Kultur spiele und keine Ahnung habe, was mich erwartet. Das sind oft besondere Momente. Dann muss ich mich daran erinnern, dass ich aus kleinen der Schweiz komme und diese Reise schon crazy ist. Plötzlich stehst du da in Japan, in Tokio auf der Bühne und gibst ein Konzert. Das ist ein ziemlich gutes Gefühl.
Du hast gerade die „The Yellow Tour“ beendet. Wie war das für dich?
Mega. Ehrlich gesagt, wollte ich schon seit langer Zeit eine akustische Tour machen. Wir waren ein Trio, mein Klavierspieler Simon Jaccard, der Multiinstrumentalist ist, und meine Backing-Vocal-Sängerin Priscilla Formaz, die für diese Tour auch zur Multiinstrumentalistin werden musste. Wir haben an kleinen Orten gespielt, so vor 250 bis zu 400 Leuten. Diese Konzerte sind stressfrei und geben einem Zeit, um mit den Fans zwischen den Songs zu reden und Anekdoten zu bestimmten Liedern zu erzählen. Ich kann dann auch Liederwünsche besser berücksichtigen. Du bist den Menschen sehr nahe und das Publikum spürt alles, was du machst. Wir hatten jeden Abend eine Menge Spass.
War es geplant, dass Konzert in Luzern, als Full-Band Show zu gestalten?
Ja, das war geplant. „Das Zelt“ in Luzern war etwas grösser als die anderen Konzerte und deshalb dachten wir, eine Full-Band-Show würde gut passen. Mit der Band zusammen ist es natürlich einfacher zu rocken. Trotzdem haben wir in der Mitte der Show aber einen Akustik-Teil eingelegt und als Trio gespielt.
Du bist ja vom Gründer des Jazz-Festivals Claude Nobs entdeckt worden. Wie hast du ihn erlebt?
Er war ein Mensch, bei dem jede Minute, die du mit ihm gesprochen hast, unglaublich interessant war. Er hat alles erlebt, von den verrückten Jahren der Industrie bis zu seinem Tod. Und er hat die Musikszene noch besser und noch schöner gemacht. Das Montreux Jazzfestival ist heute eine Religion auf der ganzen Welt. Egal, wo ich hinkomme, wenn ich sage, dass ich aus der Schweiz bin, heisst es «Oh yeah, Montreux Jazzfestival.» Was er geleistet hat, ist unglaublich. Ich bin froh, dass ich ihn kennenlernen durfte, wenn es leider auch nur zwei, drei Jahre waren. Wir haben zusammen gegessen und sind gereist. Er war ein lieber Typ, der alles wegen seiner grossen Liebe zur Musik gemacht hat. Ich habe viel gelernt von ihm. Von der Einstellung her. Aber auch über den Umgang mit Menschen oder dass man dankbar sein sollte, aber auch wie es mit Kontakten und dem Public Relation läuft. Er war einfach der König in diesem Bereich, weil er innerlich ein sehr netter Typ war und das respektiere ich besonders. Er war auch sehr spontan. Er stand irgendwann bei einem Konzert, das wir in einer Bar gegeben haben, und meinte «ich weiss nicht, wer dieser junge Typ ist, aber ich habe gerade bestimmt, dass er diesen Sommer am Montreux Jazzfestival spielen wird».
Zum Schluss. Du hast ja soeben dein drittes Album "Facing Canyons» herausgebracht. Was planst du für nächstes Jahr?
Nächstes Jahr werden wir vor allem auf Tournee sein. Zuerst sind wir im Frühling überall in der Schweiz unterwegs. Zusätzlich wird „Facing Canyons“ im Frühling auch in anderen Ländern auf den Markt kommen. Anschliessend wird es eine internationale Tour geben wird. Zusätzlich werden wir auch an diversen Schweizer Festivals im Sommer spielen. Nächstes Jahr wird definitiv das Tour-Jahr.
Bastian Baker - Planned It All
- alle Infos und Tourdaten gibt es auf der Website von Bastian Baker.