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7. Juni 2007, 00:00 Konzert

Review: Stephan Eicher @ Kaufleuten

Christina Ruloff - Kunst macht glücklich! Stephan Eicher gab gestern im ausverkauften Kaufleuten ein wunderbares Konzert. Eldorado eben!Um Punkt 8, angenehm, fast unerhört pünktlich betritt Stephan Eicher zusammen mit seinen drei Musikern die Bühne. Er trägt eine schwarze Hose, ein weisses Hem...

Kunst macht glücklich! Stephan Eicher gab gestern im ausverkauften Kaufleuten ein wunderbares Konzert. Eldorado eben!

Um Punkt 8, angenehm, fast unerhört pünktlich betritt Stephan Eicher zusammen mit seinen drei Musikern die Bühne. Er trägt eine schwarze Hose, ein weisses Hemd, einen schwarzen Sakko und natürlich schön gewienerte Cowboystiefel mit hohen Absätzen.

Das Kaufleuten ist brechend voll und die Menge jubelt und klatscht. Eicher greift zur Gitarre und stimmt Weiss Nid Was Es Isch an; er singt den Song, der sich nahe an der Kitschgrenze befindet, dermassen gefühlvoll und frei, dass der Text von der Musik und Eichers grossartiger Stimme getragen wird und plötzlich sekundär ist und zugleich auf einer anderen, höheren Ebene funktioniert.

Es wird an diesem Abend noch einige Male passieren, dass die grossartige Musik aus verschiedenen Gitarren (Eicher, der Perfektionist, hat neben sich ein eigenes Mischpult stehen, an dem er seinen Gitarrensound je nach Anlass und Moment seinen Vorstellungen anpasst), Piano, Schlagzeug, Perkussion, Glockenspiel, Viola und Trompete zu einem einzigen und einzigartig melodiösen Klang arrangiert wird und einfach für sich wirkt und das Publikum weit weg aus dem Saal trägt.

Es dürfte schwierig sein, von einer Auswahlsendung von Höhepunkten oder gar von einem Gipfel zu sprechen, denn das Konzert war ein wildes, abwechslungsreiches und stimmungsvolles Fest, eine Reise quer durch Stephan Eichers Schaffen, manchmal rockig mit starkem Bass und noch stärkeren Drums, oftmals auch leise und fast schon akustisch, immer getragen von Eichers überragender Stimme und Präsenz.

Der Künstler war sich denn auch nicht zu gut, eine Reihe von Hits zu spielen und ging bereitwillig und amüsiert auf die Wünsche der Publikums ein, das je nach Stimmung andächtig still, respektvoll oder in Partylaune war und gerne getanzt hätte, wäre der Saal nicht so voll, das heisst, ausverkauft, gewesen.

Auf Wunsch gab es Der Weg zu zweit, natürlich dabei war das erstklassige Pas d’ami, wo das Publikum unaufgefordert leidenschaftlichst „Oh Non, Non Non “ mitsang, ein wunderschönes Combien de temps, seine humorvolle Version von Hemmige und Cendrillon après minuit.

Eicher, der immer wieder ein fast verschämtes „Merci vilmal“ von sich gibt und öfter auf seine wirklich hervorragende Band weist, hat sichtlich grossen Spass und vermittelt diesen automatisch per Musik weiter ans Publikum. Er geht richtiggehend in seinen Liedern auf, er ist all diese, seine Lieder.

Einmal macht er sich liebevoll über die Kritikergilde lustig, die ständig sagen, dass er „immer am Fluss auf etwas warte, das doch nie kommt“, dass bei ihm „ständig irgendwo die Vorhänge wehen“ und überhaupt des öftern „getrunken“ wird. Stimme doch alles gar nicht, oder? Zwei, drei ja fünf Lieder mit „Trinkerinhalt“ sammelt das Publikum in Windeseile, bevor Eicher die Aktion amüsiert abbricht und zu einem hymnischen Campari Soda und zu Charly anstimmt.

Sie haben ja Recht, die Kollegen von der Kritik, aber was soll’s? Eldorado und die letzte Zugabe Zrügg Zu Mir sind einfach wunderbare Lieder und man würde Eicher live auch beim Vertonen des Alphabetes begeistert zuhören!

Am Ende gibt es eine Standing-Ovation für Eicher und seine fantastische Band. Auch im ersten Stock auf dem Balkon haben sich alle Ehrengäste und VIPs erhoben und klatschen wild. Eicher zeigt sich tief befriedigt und verneigt sich, die Arme hinter den Rücken verschränkt. Ein derart enthusiastisches, begeistertes und zugleich respektvolles Publikum hat man schon lange nicht mehr erlebt. Sind wir ehrlich: Ein Künstler von Eichers Format, international anerkannt, ein Star, er könnte locker grössere Locations, ja Hallen füllen... aber dann wäre es nicht das gleiche, weder für den Künstler noch für das Publikum.

Das Kaufleuten gibt mit seiner singulären Atmosphäre viel an Stimmung her und schliesslich kriegt jeder das Publikum, das er verdient. Und Eichers Publikum war gestern grossartig.

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