Kerzen auf dem Fluss
25.01.2011 à 11:56
Ein Mann steht am Flussufer und schaut ins Nichts. Das Licht einer Fabrikhalle funkelt auf dem dunklen Wasser, das Laternenlicht scheint darauf, der Schatten des Mannes ein Geist auf der Wasseroberfläche, verschwommen. Über ihm auf der Brücke rattert ein Nachtzug vorbei dessen Lichter einen kurzen Schweif hinterlassen am Nachthimmel für den langsamen müden Blick.
Jemand hat brennende Kerzen ins Wasser gelassen, sie schwimmen auf dem Sihl. Der Mann am Flussufer friert aber er weiss es nicht er sieht ins Nichts. Er denkt nichts, er tut nichts, er will nirgends hin weil er leer ist. Er ist leer. Die Winternacht wiegt schwer auf ihm doch er spürt es nicht er spürt nichts. Die brennenden kleinen Kerzen auf Holzplatten schwimmen weg von ihm. Sie schwimmen aufeinander zu, voneinander weg, drehen sich im Wirbel. Der Mann am Flussufer macht ein paar Schritte mehr doch er geht nirgends hin denn da ist nichts mehr. Die schwarzen Enten schlafen schon. Selbst die Götter schlafen oder sie schweigen einfach nur und sehen zu wie der Mann sich an die kalten Brüste der Nacht schmiegt, wie sein Kopf gefallen auf den Schultern der Nacht liegt, wie der Fluss ihn so gleichgültig so beiläufig mit wiegt als wäre er nichts und er sich ihm hin gibt und seinem Rauschen um mit ihm fort zu gleiten und so voller Vertrauen wie ein Kind ist, ganz wieder Kind wieder leer und gut wie ganz leergespült und neu geboren.