Das kleine Papierschiffchen
10.11.2013 à 14:02
Sass einst im Jahre des Propheten ein weiser alter Herr mit Haaren wie Schnee, in dessen Keller am studieren. Um ihn herum stapelten sich hunderte Bücher, doch nicht eines lag im Staub. Täglich pflegte er diese edlen Schriften mit Sorgfalt und Hingabe. Nun sass er da, in friedvollen Gedanken im Kerzenschein. Eine angenehme Ruhe umgab ihn, welche ihn immer mehr in Träume versinken liess. Er schlief ein. Sein Kinn neigte sich zu seiner Brust, seine starken Arme baumelten fröhlich in Richtung Boden.Er sah sich inmitten einer riesigen Wiese voller bunten Blumen und satt grünem Gras. Er atmete die unglaublich frische Luft ein. Sie durchströmte seinen ganzen Leib von Ohr bis Zehe. Riesige Vögel segelten über seinem Kopf, sie zwitscherten ihm freundliche Melodien vor, er kniff die Lippen zusammen und pfiff ihnen entgegen. Er sah sich über dieses riesige Feld voller Farben schreiten, vorbei an Obstbäumen, Teichen voller Fische. Er ging weiter und weiter bis er vor einem mächtigen Wasserfall stand. Das Glitzern der Sonnenstrahlen im Wasser schien ihn zu verzaubern. Er entschloss sich an diesem Platz zu verweilen um seine Füsse zu baden. Nun sass er mit hochgekrempelten Hosenbeinen am Ufer, das kühlende Nass geniessend. Er duftete an den Büschen welche neben ihm im Lichte standen, welche mit vielen Früchten geschmückt wahre Schönheit zeigten. Ueber die Wasseroberfläche blickend entdeckte er ein kleines Papierschiffchen. In purem Weiss, ganz gemächlich kreiste es umher, getrieben vom warmen Winde. "Der weise alte Herr der ich bin", sagte er zu sich, "woher mag dies kommen?" Er entledigte sich seiner Kleidung, tauchte ein. Mit aller Kraft erreichte er die anvisierte Stelle und tauchte auf. Mit strengem Blick im Gesicht schaute er um sich, doch das Papierschiffchen war weg. Seine grosse Verwunderung liess ihn erwachen. Sein Kopf erhob sich langsam, die Augen öffneten sich Millimeter um Millimeter. "Ach Du lieber Himmel!" schrie er. Aus einem breiten Riss in der Kellermauer floss Wasser. Es stand bereits knietief im Raume. " Wohl ein Rohrbruch!" dachte er laut. Doch wie gelähmt blieb er sitzen und überlegte was zu tun ist. Und plötzlich! Er traute seinen Augen nicht, als im flimmernden Kerzenschein ein kleines Papierschiffchen um seine im Wasser stehenden Knie segelte. Er griff danach, faltete es vorsichtig auf und im selben Augenblick floss kein Wasser mehr aus der steinernen grauen Mauer. Er liess die Worte der Schrift auf diesem Weiss ganz leise über seine Lippen. "Liebe Frieden, liebe Freude - Liebe Leben, liebe Licht - Du wirst sein, Du bist Ich." Da sass er nun, weise und glücklich, stand auf, voller Freude und voller Mut. Er begann singend das Wasser aus dem Keller zu schöpfen und zündete danach neue Kerzen an, legte seine Hände auf den Kopf und studierte weiter. POSTED BY PAS AT 3:24 AM 0 COMMENTS
