Julian Casablancas Interview - by moi
27.01.2010 à 16:49
Zurück auf der Erde
Nebst der Freiheitsstatue, dem Empire State Building und der Sixth Avenue vergisst Man sowie Frau oft das sehens- und hörenswerteste Wahrzeichen von New York – die Urväter der New Rock Revolution - die Strokes. 2001 tauchten sie aus dem Nichts auf und stellten die Musiklandschaft komplett auf den Kopf. Seit jenem Jahr sind Sie nicht mehr aus dem aktuellen Musikgeschehen wegzudenken und melden sich mit ihrem neusten Werk „First Impressions of Earth“ auf den Bühnen dieser Welt zurück. Ihr Sänger Julian Casablancas klärte uns über tiefgründige Albumtitel, seine Sicht der Schweiz und Pete Dohertys Drogenprobleme auf.
Julian, die Strokes waren für einige Zeit von der Bildfläche verschwunden. Was hast du im letzten Jahr denn so gemacht ? Im Grossen und Ganzen habe ich an der neuen Platte gearbeitet. Dazwischen haben wir noch auf dem englischen V-Festival gespielt. Als das vorbei war, habe ich mich total ausgelaugt gefühlt – ich war in dieser Zeit nicht wirklich nett zu mir selbst. Und so habe ich gleich wieder angefangen, an den Songs, die nun auf dem neuen Album sind zu arbeiten. Wir als Band konnten uns denn Luxus Zeit nie erlauben. Wir fingen sofort an zu arbeiten – so wie man es eigentlich machen sollte.
So wie man es „eigentlich“ machen sollte..? Naja ich habe schon von Bands gehört die 6 Monate im Studio verbringen. Das ist Bullshit. Unsere erste Platte haben wir innerhalb eines knappen Monats aufgenommen. Beim zweiten Album haben uns dann alle gehetzt. Damals gab es einen grossen Druck rund um die Band. Also fanden wir, das funktioniert so nicht und nahmen uns dieses Mal die Zeit um es so klingen zu lassen, wie wir es wollen – ohne Kompromisse aber trotzdem unter 6 Monaten.
Euer neues Album heisst „First Impressions of Earth“. Gibt es dazu eine tiefgründige Erklärung ? Wenn man an die Geschichte der Erde denkt, dann fühlt es sich manchmal so an, also ob wir erst vor kurzem hier angekommen sind. Man sieht wunderschöne Sachen und grauenhafte Sachen. Es ist eine akustische Interpretation meines Unterbewusstseins. Wir werden sehen ob es irgendjemandem da draussen auch so geht.
Dann war der Titel also allein deine Idee und die Band hatte dazu nichts zu sagen ? Ja, ich schätze so war es.
Findest du, dass ihr euch soundtechnisch im Vergleich zu denn letzten zwei Alben weiterentwickelt habt. ? Ich weiss nicht. Manche Leute sagen das dieses Album etwas pompöser klingt. Ich denke es kommt auf den mentalen Zustand des Hörers drauf an. Ich bin aber nicht gut darin meine eigene Musik zu analysieren. Ich finde das neue Album toll - aber das ist meine Meinung und es ist nicht mein Stil damit anzugeben. Die Platte ist definitiv anders als alles was wir zuvor gemacht haben, dennoch klingen wir immer noch wie wir. Der Soul und die Agression sind uns nicht abhanden gekommen.
Ihr wurdet 2001 als die erste Band der sogenannten „New Rock Revolution“ gefeiert. Fühlt ihr euch immer noch verpflichtet diesem Ruf gerecht zu werden ? Du hast es eben gesagt, die „sogenannte“ New Rock Revolution.
Auch wenn das nur ein Ausdruck der Presse war, kann man sich trotzdem unter Druck fühlen... Ich fühle mich sowieso unter Druck. Der einzige Druck den ich überhaupt nicht ausstehen kann, ist der Zeitdruck. Es gibt immer Druck, wenn man etwas gut machen will. Zum Beispiel fühle ich mich genauso unter Druck wenn ich jemanden das erste Mal treffe.
Du siehst aber schon, dass ihr als die ALLERerste Band einer neuen Musik-Generation präsentiert wurdet ? Wir waren einfach die erste Band die kommerziellen Erfolg hatte. Als wir zum ersten Mal von den White Stripes hörten, hatten wir noch lange keinen Vertrag. Wir haben zuerst an Beliebtheit gewonnen. Das stimmt schon. Aber die White Stripes haben schon damals ihr Ding durchgezogen und hätten genauso gut vor uns ihren Durchbruch schaffen können. Vielleicht haben wir einige der ganz, ganz neuen Bands ein wenig inspiriert. Doch auch mit den Yeah Yeah Yeahs haben wir in New York schon Monate vor unserem Deal gespielt. Es war nicht so, dass wir als erste rauskamen und uns alle einfach nur kopiert haben. Es gab die ganze Zeit lang schon verschiedene Rock-Bands, die Radios haben höchstens angefangen sie mehr zu spielen. Wir haben geholfen den Wagen zu starten, haben aber nicht den Motor gebaut. Stimmt es, dass du in der Schweiz zur Schule gegangen bist ? Ja bin ich.
Was für Erinnerungen hast du daran ? Mein Vater ist als Kind auch da zur Schule gegangen. Bei uns lief es damals zu Hause nicht so gut und da hat er vorgeschlagen, dass ich dieselbe Schule besuche. So, bin ich also da gelandet. Ich habe die Schweiz als einen coolen Ort in Erinnerung. Ich erinnere mich an das erste Mal als ich nach Genf kam, ich habe mich so darüber gefreut, dass es da einen Pizza Hut gab. Ich lebe ja in New York und da geht eigentlich nie jemand zu Pizza Hut, weil die Pizza sowieso überall gut ist. Aber das war mir egal, es war einfach etwas amerikanisches und das war beruhigend. Generell ist die Schweiz ein sehr schönes Land.
Also war die Schule im Welschland ? Ja, irgendwo zwischen Genf und Lausanne. Lebst du in der Deutschschweiz ?
Ja, genau... Dann ist das Magazin auf deutsch ?
So ist es. Wieso ? Weil ich in Zürich war. Ich liebe Zürich.
Ihr habt aber nie in Zürich gespielt... Ja das stimmt. Ich war aber mal auf einem Konzert in Zürich. Ich glaube Lenny Kravitz und Robert Plant haben da zusammen gespielt.
Plant ihr denn hier zu spielen ? Wir sollten. Ich bin ziemlich sicher, dass wir da spielen werden. Unser Management ist gerade dabei eine grosse Europatour zu planen. Hoffentlich spielen wir am gleichen Ort wie Lenny Kravitz und Robert Plant...das wäre echt lustig.
Ich nehme an, die haben in einer relativ grossen Halle gespielt. Ich bin mir aber nicht sicher in welcher... Ich glaube, es war in so etwas wie einer Eiskunstlauf Halle.
Ich bin mir immer noch nicht sicher wo das war aber vielleicht finde ich es noch heraus... Ach so wichtig ist das auch wieder nicht.
Hattest du einen bestimmten Eindruck vom Schweizer Volk ? Mich hat eure militärische „readiness“ immer sehr beeindruckt - das ganze Abwehrsystem. Ich konnte es nicht glauben, dass alle Männer ihre Kanonen bereit hielten. Ich kann mir nicht vorstellen wieso irgendjemand die Schweiz angreifen würde. Man nimmt ja eigentlich an, dass es ein neutrales Land ist.
Okay, zurück zu den Strokes. Ihr wart während eurer Anfangszeit als schlimme Partyband bekannt. Es geisterten Geschichten über Models und Schauspielerinnen (Strokes-Drummer Fabrizio Moretti ist mit Schauspielerin Drew Barrymore liiert, anm.d.Red) durch die Presse. Lebt ihr immer noch den neverending Rock n Roll-Lifestyle oder habt ihr euch gebessert ? Ich glaube, die Presse ist einfach immer auf der Suche nach einer Story. Wenn du mich fragst ob wir je mit Models und Schauspielerinnen unterwegs waren, dann muss ich sagen ja klar. Wenn du eine Show in L.A. spielst, dann läuft das Backstage einfach so. Man ist eine beliebte Band und plötzlich rufen einen alle an und fragen, ob diese Leute, die man nur aus Filmen kennt zu den Shows kommen können. Da sagst du dann, ja sicher. So zählen sich also die Schauspielerinnen an unseren Gigs zusammen. Aber sonst hängen wir nicht oft mit Models rum. Das sind alles Lügen. Ich glaube also nicht, dass wir uns gebessert haben – diese Geschichten waren schlichtwegs nie Realität.
Ich habe kürzlich ein Statement von dir gelesen, das in eine ähnliche Richtung geht. Da hast du gesagt: „Heroin zu nehmen, ist wie wenn man einen Terrorist mit zu einer Party nimmt“. Wie ist das denn zu verstehen ? Es heisst, dass man sich damit höchstwahrscheinlich umbringt.
Dann ist das also deine Meinung zum Drogen Missbrauch ? Ich denke, dass mit Heroin definitiv nicht zu spassen ist. Leute wie Pete Doherty versuchen es cool aussehen zu lassen aber die Sucht zerstört dein ganzes Leben. Das Problem ist, dass es wirklich die Seele von jemanden aussaugen kann, du erkennst die Person nicht wieder. Wahrscheinlich war das für Pete Doherty nie ein Problem.
- von Kathrin Fink