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Wenn Bundesräte unter Sauerstoffmangel leiden...

02.09.2006 à 16:26

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Tages-Anzeiger vom 02.09.2006

Keine Änderung bei Armeewaffen

«Die Schweiz hat eine Volksarmee»: Verteidigungsminister Samuel Schmid an einem Schützenfest. Trotz einer schweren Gehirnoperation, von der nur noch das Metallgestell an seiner Stirn zeugt, schiesst er bereits wieder das Obligatorische - dieses Jahr bereits zum elften Mal.

Familientragödien und Suizide sind für Bundesrat Schmid kein Grund für ein Umdenken. Die Soldaten sollen ihre Waffen weiter zu Hause lagern. Nur so erfülle die Armee ihren Auftrag.

Der Originalbeitrag stammt von Iwan Städler, kursive Sätze entspringen meiner bescheidenen Feder.

Für Verteidigungsminister Samuel Schmid ist klar: «Die Armee ist nicht verantwortlich für die Probleme in unserer Gesellschaft.» Im Gegenteil sei die Gesellschaft eher verantwortlich für die Probleme in unserer Armee. Die um sich greifende Dienstverdrossenheit der Jungen führe unweigerlich dazu, dass man sich mit dümmlichen Halbaffen aus der braunen Ecke zufrieden geben müsse. Obwohl diese Leute äusserst motiviert seien und stets das Schwarze auf der Zielscheibe träfen, seien sie etwas schwierig im Umgang mit Vorgesetzten und Kameraden. Wenn man die Zahl der Selbstmorde senken wolle, müsse man das Problem an den Wurzeln packen - nicht die Armeewaffen einsammeln. «Eine Person, die sich oder andere töten will, wird immer eine Möglichkeit finden», gibt Schmid in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» zu bedenken. So liessen sich beispielsweise in jedem besseren Baumarkt Stichsägen, Motorsägen und sogar Kreissägen erwerben - ohne Waffenschein.

Dem Bundesrat sei zwar bewusst, dass man sich angesichts der heutigen Bedrohungslage fragen könne, ob ein Aufbewahren der Waffe zu Hause noch Sinn mache. Es bestehe aber nach wie vor ein militärisches Bedürfnis. So könne etwa eine plötzliche Lageverschärfung den raschen Schutz von Flughäfen und Bahnhöfen bedingen. Wenn man dann Löcher in von Terroristen entführte Züge oder gar Flugzeuge schiessen müsse, sei der Umweg über ein Zeughaus - das überdies über Nacht und an den Wochenenden geschlossen sei - nicht sehr praktikabel. «In einer solchen Lage bleiben die persönliche Ausrüstung und die persönliche Waffe des Einzelnen zusammen mit seiner Schiessfertigkeit ein wichtiges Element einer raschen Bereitschaft.» Man könne dann bereits auf dem Weg zum Einsatzort die Waffe laden und seine Schiessgenauigkeit an Strassenschildern und Ampeln testen. Auch die obligatorische Schiesspflicht setze voraus, dass das Gewehr zu Hause greifbar sei. Von dort müsse man es ausgeklappt und mit eingesetztem Magazin zum Schützenhaus und auch wieder zurück bringen - schliesslich sei dies Tradition. Und: "Wie sollen denn bitteschön die Kinder das Ding putzen, wenn man es nicht mehr nach Hause nehmen darf?"

Warum die Armee den Wehrmännern überdies die Munition mit nach Hause gibt, mochte Schmid nicht erläutern. Das habe er sich eigentlich noch gar nicht überlegt, aber es habe sicher seinen Grund. Er werde sich bei Gelegenheit mit einem Mitarbeiter, der sich mit existenziellen Fragen auskenne, darüber unterhalten. Einen entsprechenden Vorstoss von SP-Ständerätin Anita Fetz werde der Bundesrat in den nächsten Wochen beantworten. Zurzeit werde der Vorstoss allerdings noch auf Formfehler geprüft und es sei durchaus möglich, dass sich der Zeitpunkt für eine allfällige Antwort etwas verschieben könne.

Einen Vergleich mit ausländischen Armeen hält Schmid für nicht statthaft: «Die Schweiz hat eine Volksarmee. Das Volk ist somit die Armee. Im Gegensatz zu einer Milizarmee, wo die Miliz die Armee ist. Wie zum Beispiel in Afghanistan oder auch woanders. Kapiert?» Das verlange andere Formen der Bereitschaft. Darüber hinaus komme eine Änderung der heutigen Praxis «einem Misstrauensvotum gegenüber jenen Bürgern und Angehörigen der Armee gleich, welche sich nichts zu Schulden kommen lassen». Die vielen Zehntausenden unbescholtenen Schützen verdienten unser Vertrauen. Da müsse man den einen oder anderen bescholtenen Schützen in Kauf nehmen, der dann vielleicht halt auch mal ein Kantonsparlament in Schutt und Asche legen wolle. Es sei Aufgabe der Gesellschaft, solche Dramen zu verhindern.

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