Klavierkonzert
05.04.2007 à 08:02
Die Luft ist Parfümschwanger. Das Licht des Kronleuchters ist gedämpft und würde sich niemals anmassen, die feinen Altersfalten der Vornehmen auszuleuchten. Gedrücktes Stimmengewisper und unruhige Kinderschuhe die auf dem Parkett scharren. Sie sitzt ganz vorne neben dem Flügel hinter dem Lehrer mit dem strengen Seitenscheitel und dem schwarzen Rollkragenpullover. Die kleinen Füsse baumeln in der Luft und ihre stahlblauen Augen funkeln mich erwartungsvoll an. bald ist sie an der reihe. Die stolzen Gluckensbrüste schwellen der Reihe nach an. je mehr Tastenfolter durchgeführt wurde, desto mehr strenge Lippenstiftlächeln und bestätigende kopfnicker sind zu sehen. Die Haare wurden perfekt gekämmt, die Tüchlein um den Hals seitlich gebunden, die Perlen passen zu den Fingerringchen und die Handtäschchen haben gerade genug platz für eine Kamera. Ein kleines Lackschuhlklimperchen schlägt die letzte Taste an, hüpft artig vom Klavierhocker und lächelt in die Runde, läuft in die hinterste reihe und setzt sich auf den Stuhl hinter mir. Enttäuschte Schluchzer landen im Hemdärmelchen, Rotz und Wasser landen auf dem perfekt gebügelten Faltenröckchen. Grosse runde Tränen laufen über ihre roten Bäckchen. Oh Mozart, was hast du diesen kleinen Tastenbeisser angetan! Wie sollen sie es denn wagen deine Irren nachzuhämmern, wenn die edlen Eltern so erwartungsvoll die Besucherstühle zieren. Da war meine „Hänsel und Gretel“ Interpretation mit der schlafenden Grossmutter in der ersten Reihe eine etwas andere Klasse. Die Mutter der Lackschuhprinzessin lächelt ihrer Tochter zu, mit den Lippen, nicht mit den Augen. Mein blonder Engel hüpft von Hocker, die verfehlten Tasten kleben noch an ihren Fingerchen, sie lächelt trotzdem, mit den Augen……