Schauen wir zu tief?
01.04.2009 à 21:18
Es ist ein Mittwoch Abend. Eher gelangweilt surfte ich durchs Netz und meldete mich bei students.ch an. Immerhin bin ich ein durchaus kommunikativer Mensch, wenn auch manchmal etwas nachdenklich.
Das Profil war schnell eingerichtet. Von Online-Exhibitionismus kann gar nicht die Rede sein, schliesslich habe mich mir gründlich darüber Gedanken gemacht, was ich schreiben werde und welche Fotos ich online stelle.
Gibt es doch neugierige Gemüter, so werden diese u.U. enttäuscht sein, wenn sie an anderer Stelle ebenfalls nach mir suchen: Da steht nämlich überall das Gleiche. Selbstverständlich ändern wir uns, ich mich und so halten wir doch unsere Profile alle mehr oder weniger up-to-date.
Doch kaum war das Profil eingerichtet, erkannte ich einmal mehr, dass Studierende gern hinter die Kulisse schauen.Ich selbst, die sich weder als ausgezeichnete Psychologin sieht, noch sich als die crème de la crème der Intelligenz betiteln möchte, betrachtete das Hot or Not-Thermometer mit Skepsis.
In meinem Zimmer herrschen frische 15°C, viel zu wenig für jemanden, der am liebsten täglich jeden Sonnenstrahl küssen würde.
Eine Stunde später zeigte mir dieses Thermometer 100% Hot an. Ich müsste mich zu dumm stellen, um meine Theorie, dass sich dieser Wert auf die Temperatur bezieht, ernsthaft aufrecht zu erhalten. Und dennoch erfüllt es mich nicht mit Stolz, sondern mit, wenn auch gemässigter, Sorge.
Es spricht sicher kein Komplex aus mir, wenn ich solche doch sehr einseitigen Bewertungen, kritisiere. Es stellen sich aber für mich zwei Fragen:1.) Wie fühlt sich jemand, der als weniger Hot bewertet wird und 2.) Sollten wir soetwas, vor allem weil es auf einen oberflächlichen ersten Eindruck abzieht, zulassen, dass sich jemand so fühlt, wie er sich fühlt?
Wahrscheinlich würde ich mich mehr über ein "Das-ist-ein-ganz-herzlicher-Mensch"-Thermometer freuen, aber wie könnte man das denn überhaupt über's Internet bewerten?
Schon mit Hot or Not eingestimmt, klickte ich auf den Campusgirls 2009-Link auf der linken Seite. Wieso nicht auf die Uniboys? Ich weiss es nicht, vielleicht stimmulierte die Hot or Not-Frage mein Unterbewusstsein die "Konkurrenz" kennenzulernen. Ich denke aber eher nicht, den im Gegensatz zu einigen anderen Damen geniesse ich durchaus auch weibliche Gesellschaft. Immerhin habe ich zwei ganz lustige und liebenswerte Mitbewohnerinnen. Also, nix Konkurrenz!
Ich sah mir also das Video zum Modell-Casting an und trotz der hübschen Mädchen und des manchmal auch ganz keck und natürlich wirkenden Lächeln, fand ich dieses Video eher traurig. Die Damen hätten eine hohe Qualität [...] und nicht zuviel Fett.
Mit meiner für mich doch ganz zufriedenstellenden Figur erwischte ich mich, wie ich kritisch meinen Bauch- und Hüftbereich musterte. Auch da fragte ich mich, wie sehr dieses Video junge Frauen eher zur Diät als zu mehr Sport bewegen.
Seien wir ehrlich: Wir fühlen uns doch nicht extra durch diese tollen Körper motiviert, sondern eher deprimiert und auch wenn es bis jetzt niemand schaffte mein Selbstwertgefühl durch solche Worte zu mindern, auch wenn ich vielleicht zu der "qualitätsreichen" schlanken Seite mit schönen Haaren und guten Zähnen gehöre, auch wenn mein Thermometer (noch) das anzeigt, was sich die meisten wünschen würden, kann es zumindest mich nicht zufrieden stellen.